Hollywood Pictures logo

Die deutschen Wirtschaftssimulanten von Starbyte haben den Amiga schon zur Kohlegrube gemacht oder zum Weinabaugebiet erklärt, jetzt wird's richtig glamourös: Die Welt der Stars und Sternchen sucht einen Filmproduzenten!

Für den Aufstieg zum Movie-Tycoon erhält der Solospieler zehn Jahre Zeit, sollte er dabei Filmpreise einsacken und seine Streifen in den Wochen- und All-Time-Charts plazieren können, winken massig Punkte und damit der Eintrag in eine Highscoreliste.

Ehe jedoch die ersten Dreharbeiten anlaufen können, muß man sich als Besitzer eines Kinocenters mit fünf unterschiedlich großen Vorführräumen Geld und Branchenerfahrung verdienen.

Der Weg zum Ruhm führt also zunächst in den Filmverleih, wo Hunderte von Spulen aus den verschiedensten Genres warten. Ein Block auf die Infofenster gibt hier Aufschluß über Regisseur, Erscheinungsjahr, Schauspieler und, ganz wichtig, den zu erwartenden Besucher-zuspruch.

Sind die fünf Wunschkandidaten gefunden, verteilt man sie auf die Säle seines Lichtspieltheaters, legt die Laufzeit fest und bestimmt die Eintrittspreise für jede bis zu fünf Vorstellungen pro Film und Tag.

Sobald dann die ersten Zuschauerzahlen vorliegen, wird mit entsprechenden Änderungen auf die Publikumswünsche reagiert, um den Gewinn zu maximieren. Diese Anfangsphase gestaltet sich zwar etwas langatmig, sichert dem schlauen Manager jedoch ein weiches Finanzpolster für seine erste Eigenproduktion – das mit einem kleinen Bankkredit noch weiter gefüllt werden kann und sollte, weil in diesem Geschäft nun mal wirklich jede Mark zählt.

Wurde dem Nachwuchs-Produzenten bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Drehbuch von King, Crichton oder einem anderen namhaften Autor angeboten, kann er sich auch selbst an die digitale Schreibmaschine setzen.
Dabei wird aus den verfügbaren Wörtern ein Satz zusammengeklickt, der den Inhalt kurz, aber prägnant umreißt, dann das Genre bestimmt und dem Kind ein Name gegeben.

Jetzt geht‘s in die Agentur, um ein Team anzuheuern: Der Regisseur und der ausführende Produzent sollten tunlichst Erfahrung mit dem gewünschten Genre besitzen, die verschiedenen Fähigkeiten in Sachen Spannung, Brutalität, Action, Gefühl, Spaß, Erotik, Anspruch, Dramatik und die Erfolgsbilanz sind ebenfalls ausschlaggebend.

Hinzu kommen bis zu fünf Hauptdarsteller, die nach ihren speziellen Talenten (soll‘s etwa ein Charaktermime, ein Komiker oder eine Sex-Göttin sein?) ausgewählt werden. Auch Statisten dürfen nicht fehlen, doch wer in seinem Monumentalschinken 10.000 Zivilbürger aufmarschieren lassen will, kann sich schon mal auf eine gesalzene Rechnung gefaßt machen...

Aber auch hoch-qualifizierte Kamerateams, furchtlose Stuntmen und Experten für aufwendige Special-FX gehen ins Geld, die Spezialisten wollen nämlich ebenfalls pro Drehtag entlohnt werden.

Der Komponist des Soundtracks begnügt sich zwar mit nur einem Scheck, ;äßt sich dafür aber seinen guten Namen (falls vorhanden) auch entsprechend bezahlen. Hoffentlich ist jetzt immer noch Bares in der Kasse, denn dann kann auch in Kostüme und Kulissen investiert oder gar ein Drehort für Außenaufnahmen ins Auge gefaßt werden. Freilich sollte man darauf achten, keine Ritterrüstungen für einen Western zu besorgen...

Jetzt wird‘s langsam ernst, wobei der Spieler die empfohlene Zahl der Drehtage noch nach oben bzw. unten korrigieren darf. Übertriebene Eile spart jedoch nur auf den ersten Block Kosten, da Qualität nun mal ihre Zeit braucht. Und das ist nicht der einzige Grund, weshalb Geduld bei Hollywood Pictures eine echte Tugend ist: Obwohl der Zeitablauf beschleunigt werden kann, dauert so eine Filmproduktion quälend lange – selbst wenn mal keine Unwetterkatastrophen, Streiks oder Erkrankungen die Fertigstellung verzögern.

Inzwischen bleibt also nichts anderes übrig, als wieder im Kinocenter su schuften, schon weil man die Einnahmen gut gebrauchen kann.

Erscheint dann irgendwann endlich die ersehnte Meldung von erfolgreichen Abschluß der Dreharbeiten am Screen, fiebert man dem kommenden Freitag entgegen, wo jeweils um 18 Uhr die Weltpremiere des Streifens in Form einer ausführlichen Kritik angesagt ist. Im Idealfall wird‘s ein Hit, der sich ewig lange in den Charts hält, Kritikerpreise ohne Ende kassiert und eines Tages sogar "Jurassic Park" den Rang in der Publikumsgunst abläuft.

Die Beteiligung an den Einspielergebnissen beschert dann hoffentlich einen warmen Geldregen, den man natürlich gleich ins nächste Projekt einfließen läßt. Zudem landet die Rolle schlußendlich im Archiv und darf von nun an ganz ohne Leihgebühr auf die eigene Leinwand projiziert werden.

Starbyte hat die originelle Thematik also fesselnd umgesetzt, selbst wenn das Gaeplay durchaus seine Schwachstellen aufweist. So mangelt es dem Management des Kinocenters deutlich an Komplexität (Film leihen, aufführen, absetzen, nächsten Film leihen…), was die ellenlangen Wartezeiten während der laufenden Produktion ziemlich öde macht.

Andererseits laden die besagten Produktionen selbst immer wieder zu neuen Experimenten ein, wodurch der Ehrgeiz, einen individuellen Mega-Hit zu produzieren, tierisch angestachelt wird.

An der Handhabung ist ebenfalls nichts auszusetzen, klickt man sich doch flott durch optisch hübsch und thematisch passend gestaltete Menüs. Was die Sound-FX betrifft, ist Hollywood Pictures zwar ein reiner Stummfilm, aber der nette Titeltrack und die vielen, auf die jeweiligen Genres abgestimmten Musikstücke machen dieses Manko wieder wett.

Die digitale Zelluloidschmiede hat Cineasten somit viel und geduldigen Normal-Simulanten immer noch einiges zu bieten: nicht zuletzt ordentliche Spielbarkeit auch von Disk. Wann ist also mit "Joker – The Movie" zu rechnen? (st)