Mehr Meer?

Big Sea logo

Totgesagte leben länger: Nach langer Funkstille wollen die Bochumer Spiele-designer von Starbyte nun mit einer strategischen Handels- und Konfliktsimulation an große Erfolge wie "Rings of Medusa" anknüpfen.

Aber auch Elemente von "Hanse" und "Der Patrizier" erkennt man in dieser Mischung aus Wirstschafts- und Militärfeldzug wieder.

Das Geschehen ist in einem mittelalterlichen FantasySzenario angesiedelt, die Probleme des Landesfürsten muten dabei jedoch recht modern an: Seine Arbeitssklaven haben plötzlich ihr gewerkschaftliches Erweckungserlebnis und Stellen grauenhafte finanzielle Forderungen, obwohl in der fürstlichen Portokasse gnadenlos Ebbe herrscht.

Folglich ist die Fortführung der Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln gefragt – konkret soll der Spieler einen Rundumkrieg anzetteln, bei dem er drei vom Rechner ausgesuchte Städte erobern und einen seiner ebenfalls drei (menschlich oder elektronisch) gesteuerten) Gegner auf die harte Tour enteignen muß.

Für derartige Vorhaben ist ein stehendes Heer bekanntlich Voraussetzung, doch benötigt man zum Anheuern der Musketiere, Bogenschützen, Leibwächter und Söldner nun mal Geld.

Vor dem Händel kommt somit der Handel, und zwar mit fünf verschiedenen Warengruppen. Die Kaffeeböhnchen, Bananen, etc. stammen von zuvor angelegten Plantagen, an den (Kauf-) Mann gebracht werden sie auf monatlich wechselnden Handelsplätzen, wo man sie mit der eigenen Flotte hin-schippert.

Als ob man mit all dem noch nicht genügend beschäftigt wäre, sind gelegentlich auch kleine Überfälle auf die Farmen der Nachbarn angesagt, die Konkurrenz schläft ebenfalls nicht, und zudem treiben sich auf dem Meer böse Piraten herum. Die sich daraus ergebenden Land- und Seeschlachten stellen denn auch eher die Regel als die Ausnahme dar, darüber hinaus testen eingebaute Zufallsereignisse die Reaktionsfähigkeit des Spielers – etwa, wenn man mitten auf hoher See ein günstiges Sonderangebot erhält.

Je länger man Big Sea spielt, um so stärker wird der Eindruck, daß das Game unter mächtigem Zeitdruck entstanden sein muß. So sind die Grafiken von höchst unterschiedlicher Qualität, einige sehen hervorragend aus, andere wieder ausgesprochen äßig.

Auch der Sound donnert erst gewaltig los, um dann im nächsten Menü plötzlich traurig vor sich hin zu dümpeln. Das Nagerhandling ist dagegen die meiste Zeit einwandfrei, nur bei den Kanonenduellen mit den Piraten wird‘s etwas umständlich.

Dasselbe durchwachsene Lied könnte man auch in Bezug auf das gesamte Spielkonzept anstimmen, das aus tausenderlei Einzelelementen besteht, die dann aber nicht richtig zusammengefügt wurden. Kleines Beispiel gefällig? Nun, die Seeschlachten werden in einer kleinen Actionsequenz ausgetragen, während man an Land in derselben Situation bloß endlose Zahlenkolonnen betrachten darf...

Diese Schwächen degradieren Big Sea zwar noch nicht zum Dorftümpel, aber wer z.B. "Kolumbus" kennt, der weiß, wie eine handelsstrategische Seefahrer-Simulation wirklich auszusehen hat! (mic)